Mit der Zunahme der durch Trockenheit geschwächten Wälder, Schäden durch Sturmholz und Borkenkäfer werden Holzzersetzende Pilze zunehmen, ist sich Pätzold sicher. Auch Pilz-Parasiten wie der Hallimasch profitieren von der Schwächung der Bäume. Ein Drittel der europäischen Großpilze sind bereits gefährdet. Hauptursache des Artenrückgangs sind Biotopzerstörung, Forstliche Nutzungen und Umweltverschmutzung durch Stickstoffeintrag.
Die Hitze hat das Wachstum der Pilzfruchtkörper in den Sommermonaten fast zum Erliegen gebracht. Im Schwarzwald kommen dafür im Herbst viele Pilzarten, im Oktober 2019 gab es sogar übermäßig viele. "Zu einem weiteren Artenschwund wird es durch die zunehmende Trockenheit von Wäldern, Mooren und Wiesen kommen", so Pätzold.
Die Saftlinge auf dem Hornberger Friedhof, eine geschützte Pilzart brachten beispielsweise im Spätherbst 2018 und 2019 keine Fruchtkörper mehr. Wenn es den Fichten oder anderen Bäumen weiterhin durch Trockenheit so schlecht geht, werden vermutlich auch ihre Pilzpartner geschwächt. Bei weiterer Erwärmung werden vermutlich auch die kälteliebenden Arten der Schwarzwaldhöhen zurückgehen.
Es gibt aber auch Arten, die heimisch werden. Ein Beispiel ist der Blaue Rindenpilz. Ein eher südlicher Pilz aus dem Mittelmeerraum, auch bei Freiburg zu finden, wurde in den vergangenen drei Jahren mehrmals im Hornberger Raum gefunden: Im Februar 2017 am Rebberg, Hornberg, Anfang November 2019 am Büchereck, Gutach/Mühlenbach und im Januar 2020 an einer Hainbuchen-Hecke auf dem Schloss Hornberg.
Mit dem Anbau von Baumarten wie Edelkastanie und Zeder könnten ebenfalls andere Pilzarten zu uns kommen. Versuche vom Anbau der Edelkastanie im Saarland zeigten, dass Pilze diese der Eiche gegenüber bevorzugten. Die Edelkastanie gehört zu den "Buchengewächsen" und ist mit Eiche und Buche verwandt. Mit der Zeder hat man in Deutschland noch keine großen Erfahrungen.
Auf dem Friedhof in Hornberg wächst der Zedernborstling im Frühjahr in Symbniose mit den dortigen Zedern. Aber im Mittelmeerraum gibt es viele Pilze, die Symbiosen mit Zedern bilden. Die Zeder wurde kürzlich in Oberwolfach angepflanzt (wir haben berichtet). Vielleicht könne man dort in mehreren Jahren das Wachstum der Pilzpartner beobachten, so Pätzold.
"Um die Pilze zu schützen, sollte man nach dem Pflücken der Pilze den Waldboden schließen, damit das Pilzgeflecht darunter nicht austrocknet. Pilze dürfen auch nicht zerstört werden", empfiehlt die Expertin. Der beste Pilzschutz sei der "Biotopschutz". Wenn Wald-, Moor- oder Wiesenbestände der Natur überlassen werden, dann ist das der beste Pilzschutz.
Einige Arten sind bedroht, andere kommen hinzu
Am meisten fällt der Expertin die durch die Klimaerwärmung bedingte Verlängerung der Pilzsaison bis in November und Dezember hinein auf.
Während man in den 80er-Jahren am Buß- und Bettag regelmäßig Ski fahren konnte, stehen heute bis Ende November/Anfang Dezember Pilze im Wald. Die Dauer der "Pilzsaison" hat sich nicht nur im Kinzigtal, sondern in ganz Europa verlängert. "Manche Arten kommen auch ungewöhnlich früh wie der Parasol, den ich dieses Jahr am 30. Juni in Mahlzeitmenge gefunden habe", so Pätzold.
Im Vergleich mit anderen Regionen Deutschlands könne man im Schwarzwald noch einigermaßen mit dem Pilzaufkommen zufrieden sein; bis jetzt kommen die Sammler noch auf ihre Kosten. Auch dieses Jahr gab es Pfifferlinge.
"Wichtig für die Zukunft ist, die Wälder zu erhalten, denn sie sind in Symbiose mit den Pilzen in der Lage große Mengen CO² zu speichern", informiert Pätzold. Die Pilze betreiben in Gemeinschaft mit den Pflanzen und Bäumen Klimaschutz. Sie seien wahre Alleskönner und Lebenskünstler, betont die Expertin.
Die Hornbergerin Karin Pätzold ist Pilzsachverständige der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Außerdem ist sie erste Vorsitzende des Hornberger Waldlehrpfads Hasenhof und aktiv im BUND Mittleres Kinzigtal als Fachfrau für Pilze.
August 29, 2020 at 03:23AM
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Hornberg: Selbst Alleskönner im Wald leiden - Hornberg - Schwarzwälder Bote
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